Gefahrenquellen

Wenn ihr euch die Liste an Gefahrenquellen durchlest, bekommt man schnell das Gefühl, dass Hamster kaum noch überlebensfähig sind- ich habe auch ungläubig geschaut, als ich alle Punkte auf eine Liste geschrieben habe. Für manche scheint es vielleicht übertrieben zu sein, aber alle hier erwähnten Gefahrenquellen haben schon bei mir oder in Erfahrungsberichten anderer Personen zu leichten Verletzungen bis zum Tod geführt. Daher ist manchmal lieber Vor- als Nachsicht geboten, damit Fehler nicht unwissend wiederholt werden.

Die folgenden Gefahrenquellen können, müssen aber nicht gefährlich werden. Um die Verletzungsgefahr besser einschätzen zu können, gibt es einen Score.

Stufe 1: niedrige Gefahr, oberflächliche Verletzungen

1.Scharfe Kanten:

Gegenstände, besonders Schiefer- und Granitplatten sollten vor dem Kauf bzw. nach Ankunft auf spitze oder scharfe Kanten kontrolliert werden. Dazu reicht es mit der Hand zu fühlen.

2. Laufräder mit Sprossen

Hamster können sich an Sprossen in Laufrädern die Pfoten blutig laufen. Etwas weniger gefährdet sind Dsungarische Zwerghamster, weil sie behaarte Fußsohlen haben. Dennoch sollte zur Sicherheit Kork über die Sprossen geklebt werden oder Laufräder von Karlie o.ä. werden gar nicht erst verwendet, denn der Ständer besteht aus potenziell harzendem Fichtenholz. Alternativ kann man den Ständer entfernen und sie als Sandbäder noch verwenden:

3. Stroh

Stroh ist ein natürliches Einstreu, was beim Hamstern aber zu Verletzungen in den Backentaschen führen kann. Bisher war das aber wirklich selten, daher reicht es, wenn man schaut, ob das Tier das Stroh in die Backentaschen zum Transport stopft. Im Zweifelsfall lässt man es einfach weg, auch Heu und Klopapier bieten gute Nistmaterialeigenschaften

4. ungeschliffenes Holz mit Splittern:

In Birkenröhren sind innen ab und zu etwas splittrige Stellen, die kontrolliert werden sollten, damit es keine Verletzungen an den Pfoten oder Nase gibt. Man kann die rauen Stellen mit grobem Schleifpapier oder einer abgerundeten Stahlpfeile sicher machen.

5. Hanfstreu (Übergang zu Stufe 2)

Hanfstreu wird immer wieder für langhaarige männliche Goldhamster (= „Teddyhamster“) empfohlen, weil sich dieses weniger im Fell festsetzt und es verfilzt. Ich lehne aber Hanfstreu ab, weil es nicht grabfähig ist und spitz, sodass es sogar für die Augen, Nase und Pfoten gefährlich werden kann. Ab und zu gab es auf Social Media Erfahrungsberichte, nach denen Hamster in Hanfstreu augenscheinlich öfter Augenreizungen hatten. Mein Teddybub lebt auf normalen Sägespänen (Goldhorse Span), obwohl er wirklich sehr langes und faseriges Fell hat. Wir sind sowieso eher „Team Schneiden“, lange Zotteln werden vorsorglich abgeschnitten.

Eine naturnahe Haltung in bioakiven Gehegen und/ oder nur mit Kokoshumus als Substrat sollen auch ein Verfilzen verhindern.

Stufe 2: potenzielle Verletzungsgefahr mit Gefahr von Brüchen/Quetschungen und tiefen Verletzungen:

  1. Keramik Kaktus von Ikea

Die Keramikkakteen von Ikea sind schöne Dekogegenstände. Wenn sie aber vom Hamster (v.a. Goldhamster) umgekippt werden, können sie sich aus einem Erfahrungsbericht mit dem Kopf unten in dem Loch einquetschen. Es sollte daher mit einem Holzbrettchen zugeklebt werden.

2. zu kleine Eingänge/Zwischenräume zwischen 2 Verstecken:

Es gelten diese Mindestmaße für die Ein- und Durchgängen:

  • mind. 4 cm für Roborowski-Zwerghamster und chinesische Streifenhamster
  • mind. 5 cm für Dsungarische und Campbell-Zwerghamster sowie Hybriden
  • mind. 7-8cm für Goldhamster

Bei Eingängen, die kleiner als die Mindestmaße sind, kann es zu Quetschungen an den Backentaschen kommen, wenn der Bewohner mit vollen Backen sein Futter ins Versteck schaffen will. Verletzungen der Backentaschen sind für die Tiere sehr schmerzhaft und erfordern einen besonders feinfühligen und erfahrenen Tierarzt, der die Backentaschen richtig behandelt.

3. Hamsterwatte und Hanfmatten/-fasern

Hamsterwatte und andere faserige Stoffe wie Hanffaser sind reißfest und können Gliedmaßen bis zur Nekrose abschnüren.

4. Laufräder mit Schereneffekt

Bei dem Schereneffekt befindet sich ein Laufrad in der Mitte auf einer Halterung aufgehangen, seitlich sind also am Laufradeinstieg Streben. Rennt nun der Hamster und springt im Laufen aus dem Rad, kann er sich zwischen Rad und Strebe schmerzhaft einquetschen. Im schlimmsten Fall bricht er sich was und/oder verendet an inneren Blutungen.

5. Gitterkäfige

Gitterkäfige haben entweder eine Plastikwanne, wo nicht genug Einstreuhöhe möglich ist oder einen hohen Gitteraufsatz, der eine hohe Fallhöhe bedingt. Zusätzlich laden die Gitterstäbe zu einer Stereotypie (Gitternagen) und Klettern ein. Es haben sich schon Hamster die Beine gebrochen, nachdem sie am Gitter hochgeklettert waren, ein Bein herausgestreckt wurde und sie sich fallen ließen.

Übergang zu Stufe 3:

6. ungesicherte schwere Gegenstände

Besonders Sandbäder, aber auch Ebenen und das Mehrkammernhaus werden gern untergraben. Die größte Gefahr geht dann nicht vom gleichmäßigen Absacken aus, sondern vom plötzlich schnellen seitlichen Kippen einer Kante/Ecke. Wenn der Hamster sich in dem Moment darunter befindet, kann er schwere Quetschungen davontragen oder sogar verenden, wenn er sich nicht unter dem massiven Gewicht befreien kann. Sowas passiert dann meist unbemerkt, weil es unterirdisch stattfindet.

Alle schweren Gegenstände (Sandbad, Mehrkammernhaus, Rennbahnen/Ebenen, Laufrad) sollten daher mit Stelzen aus Hartholz (Buche, Eiche etc.) gesichert werden. Rundstäbe sind relativ günstig im Baumarkt zu erwerben.

7. Ritzen in Weidenbrücken oder Dübeln

Ritzen in Weidenbrücken und Dübelverstecken können eine große Gefahr darstellen. Vor meinen Augen hat sich ein Zwerghamster sein Bein in einer ungesicherten Weidenbrücke eingeklemmt und Gott sei Dank ohne Panik wieder herausgezogen. Einige Tiere verfallen aber schnell in Panik und reißen solange am Bein, bis es bricht und gequetscht wird.

Bei einer Freundin ist ein Zwerghamster mit einem Bein in eine gesicherte! senkrecht aufgestellte Weidenbrücke geraten und war am nächsten Morgen am Schock gestorben.

Stufe 3: Lebensgefahr

  1. Hohe Fallhöhe

Eine Fallhöhe ab 15-20 cm kann für Zwerghamster (ab 20 cm für Goldhamster) gefährlich werden, besonders wenn sie hart fallen. Eine Freundin hat aus nicht tiergerechter Haltung (hoher Gitterkäfig) einen Goldhamster mit wahrscheinlich daran gebrochener Wirbelsäule aufgenommen. Mein Roborowski-Zwerghamster hat sich mit 1,5 Jahren an ca. 15 cm Fallhöhe den Oberschenkel gebrochen.

2. getackertes und harzendes Fichtenholz

Die meisten dunkel berindeten Häuschen, Laufräder und Tunnel, die man kaufen kann, bestanden früher hauptsächlich aus billigen harzdenden Kiefern- und Fichtenholz. Mittlerweile wird in den Produktbeschreibungen von „nicht harzendem Holz“ gesprochen. Ich gehe davon aus, dass damit die nicht harzende Tanne gemeint ist.

Trotz alledem sind die Häuser fast ausnahmslos mit nicht identifizierbarem Kleber (evtl. gefährlich bei oraler Aufnahme) geklebt und zusätzlich mit Tackernadeln zusammengebaut. Viele Hamster, besonders Goldhamster, knabbern an den Ecken oder mittendrin für einen weiteren Ausgang. Das benutzte Nadelholz ist Weichholz und daher ist es umso wahrscheinlicher, dass das Tier plötzlich darauf beißt und sich schwer an den Zähnen und Backentaschen verletzt. Das ist, als wenn man jemandem eine etwas härtere Schnitte mit einem Nagel darin gibt – das kann niemand vorhersehen. Zahnverletzungen und -fehlstellung können dramatisch werden, denn die Zähne wachsen ohne Gegenspieler (gegenständige Zähne) bis zu 2 mm/Woche und müssten dann 1-2 Mal in 4-6 Wochen abgeschliffen werden.

Die Laufräder aus Nadelholz waren in fast allen Erfahrungsberichten sehr schwergängig (teilweise von Zwerghamstern nicht zu bewegen), zu klein, eierten und quietschten.

3.Depot-Trinknapf:

Diese Depot-Trinknäpfe gibt es fast nur online zu kaufen und so günstig sind sie gar nicht. Das Problem ist, dass Hamster sehr neugierig sind und bei einem niedrigen Wasserstand im Ausschenker den Kopf durch das ca. 1,5-2cm große Loch zu stecken, um ein neues „Versteck“ zu erobern. Leider passen Zwerghamster mit dem Kopf hindurch, schaffen es aber nicht mehr zurück. So sind schon einige Tiere gestorben, manche brechen sich aus Panik selbst das Genick oder ziehen sich starke Quetschungen des Rückenmarks mit anschließender Lähmung zu.

Diese Trinkgefäße sind eher nur für Igel und größere Nagetiere wie Ratten geeignet und können entsprechenden Pflegestellen nach Kauf gespendet werden. Allerdings bildet sich innen schnell ein nicht zu reinigender Biofilm, in dem sich auch pathogene Erreger tummeln können. Empfehlenswert finde ich solche Tränken – genauso wie Nippeltränken- aus mikrobiologischer Sicht nicht.

Im Hintergrund sieht man die hellblaue Depot-Tränke. Das Bild stammt von mir, denn ich hatte sie auch einmal. Sie wurde aus den Gehegen verbannt, als wir von der Gefahr erfahren haben.

4. Glasbruch im Futter

Wenn das Bügelglas etc. mit dem Futter runterfällt, können mikroskopische scharfe Glassplitter im Futter zurückbleiben. Bitte entsorgt das gesamte Futter, auch wenn es schade drum ist. Bei Aufnahme von Glassplittern können die Tiere mit starken Schmerzen innerlich verbluten (starke Magen- und Darmschleimhautverletzungen).

Vielen Dank an zwerghamster.artgerecht für das Bereitstellen der Bilder 🙂 Ihr findet sie unter dem Namen auf Instagram, schaut gerne mal rein.

5. Hartplastikzubehör

Hartplastikzubehör splittert beim Knabbern schnell und kann somit den Hamster stark im Mund- und Backentaschenraum verletzen. Beim Verschlucken kann es Magen- und Darmschleimhaut beschädigen, im schlimmsten Fall stirbt das Tier an inneren Blutungen.

Auch Plastiklaufräder aus den guten Onlineshops (Rodipet, Getzoo) sollten nur unter Beobachtung im Gehege stehen. Sollte der Hamster übermäßig daran knabbern, sollte es gegen ein Holzlaufrad getauscht werden. Ihr Plastik besteht auf Grundlage von Maisstärke, die weniger stark splittert und soweit nicht giftig ist, aber ebenso zu Verletzungen nach Verschlucken führen kann.

6. Zugluft, nach draußen bringen

Zugluft ist für junge, gesunde Tiere für einen kurzen Moment ungefährlich. Bei älteren und/oder immunsupprimierten Tieren kann sie aber eine bakterielle ausgelöste Lungenentzündung begünstigen, wenn die Schleimhäute durch die Zugluft ausgetrocknet werden. Meine eine Goldhamsterdame ist mit etwas mehr als einem Jahr an einer akuten Lungenentzündung trotz intensiver Behandlung gestorben. Es ist unklar, ob ihr Immunsystem schon geschwächt war oder Zugluft der Auslöser war.

Man sollte zudem seine Hamster nie außerhalb der Wohnung im Garten o.ä. laufen lassen, weil ihr Immunsystem nicht mehr so gut ausgeprägt ist wie bei wildlebenden Populationen. Hamster sind außerdem nachtaktive Gesellen, die starkes Sonnenlicht eher meiden würden, besonders albinistische Tiere mit ihren roten Augen (Achtung zur Genetik: nicht alle Hamster mit roten Augen sind automatisch Albinos!). Sollte der Hamster aus dem Auslauf ausbrechen, ist er ohne „Schleuse“ sofort frei, was in Deutschland gegen des Tierschutzgesetz verstößt und damit strafbar sein könnte, wenn es als „aussetzen“ eingestuft wird. Ab und zu werden von Pflegestellen freilaufende Hamster (keine Feldhamster!) aus Wohngebieten aufgenommen.

7. ungesicherter Auslauf/ Hund/Katze

Freier Auslauf in der Wohnung ohne Sicherung ist gefährlich. Hamster (und andere Nagetiere sowie Kaninchen) knabbern gern Kabel an, weil sie die Tiere an Wurzeln im Erdreich erinnern, die sie beim Graben durchbeißen müssen. Auch quetschen sich Hamster gern hinter die Couch und andere enge Ritzen, wo sie nur schwer wieder rauskommen bzw. herauszulocken sind. Räuberische Haustiere wie Hund oder Katze können dem Tier gefährlich werden, wenn es frei rennen darf (eine Katze ist schneller durch eine Tür geflutscht als man schauen kann) oder der Auslauf am Boden ohne Gitterdeckel steht.

Drei Horrorgeschichten dazu:

  • Mein erster Hamster wurde vom Hund meiner Mitbewohnerin getötet, nachdem er aus seinem Gehege ausgebrochen war. Sichert also das Gehege auch umfänglich! Auf den Deckel gehören schwere Bücher oder Steine, Hamster können sie mit Leichtigkeit hochstemmen. Ritzen über 1,5 cm (Zwerghamster) und 2,5 cm (Goldhamster) sind nicht ausbruchssicher. Unfurnierte Holzgehege können auch unterirdisch und damit nicht bemerkbar durchgeknabbert werden, eine regelmäßige Kontrolle ist daher unerlässlich.
  • Der Goldhamster meiner Mutter (ca. 40 Jahre her) ist aus dem Gehege ausgebrochen und war unauffindbar. Sie dachten er ist irgendwie zur Haustür raus. Nach ein paar Wochen wurde er tot hinter einem Schrank gefunden.
  • In einem Erfahrungsbericht wurde ein Hamster in der Kühlschranktür im gesicherten Auslauf im Zimmer eingequetscht. Ich weiß nicht mehr, ob er es überlebt hat.

In Untersuchungen hat man herausgefunden, dass Beutetiere (Ratten, Hamster etc.) bei Anwesenheit eines Raubtieres eine erhöhte Körpertemperatur aufweisen. Das ist ein deutliches Zeichen für Stress, auch wenn man äußerlich keine Anzeichen sah. Bitte verzichtet auf direkten Kontakt mit Hund und Katze, auch wenn der Hamster das „so toll“ zu finden scheint.

Daher empfehle ich immer einen gesicherten Auslauf, der unerreichbar für andere Haustiere (auch wegen der Krankheitsübertragung) ist, mehr Informationen unter: https://dsunginea.de/der-auslauf/